Gegenwehr lohnt sich: 
Bewertungen im Netz dürfen nicht willkürlich sein


Ob Lebensmittelhändler, Hotelbesitzer, Hundesitter oder Ärzte: Niemand muss es hinnehmen, die eigene unternehmerische Leistung über willkürliche „Bewertungen“ öffentlich diskreditieren zu lassen.  In den meisten Fällen lohnt es, sich gegen die Willkür zur Wehr zu setzen. Die Rechtsprechung hat dafür ein wirkungsvolles Regelwerk geschaffen.


„BGH stärkt Rechte von Bewerteten“ - diese Nachricht zu einem aktuellen Gerichtsurteil stieß unlängst auf ein breites Medienecho. Ein Hotel hatte nach einer schlechten Bewertung durch einen angeblichen Gast den Betreiber des betreffenden Portals verklagt. Das Gericht gab dem Kläger weitgehend Recht:  Der Portalbetreiber hätte nach dem Einspruch die Stichhaltigkeit der Kritik überprüfen müssen.  Der Eintrag wurde gelöscht. Das Urteil fand bundesweit Beachtung - und bei einigen Kommentaren konnte man sogar den Eindruck gewinnen, mit dem Urteilsspruch wäre zum ersten Mal ein Sieg im Kampf gegen diffamierende Bewertungen errungen worden. Das ist nicht richtig, die Rechtsprechung hat bereits vor einigen Jahren wegweisende Urteile zu diesem Thema erlassen.


Bereits 2011 urteilte der BGH (AZ VIZR 93/10), dass der Portalbetreiber für rechtswidrige Bewertungen haftet, wenn zumutbare Prüfungspflichten verletzt wurden. Dabei haftet er nicht als Täter, sondern als sogenannter Störer. Der Portalbetreiber muss nicht proaktiv tätig werden, die Verantwortung entsteht aber, sobald er anhand plausibler Beanstandungen des Betroffenen Kenntnis von der Rechtswidrigkeit erlangt. Dem müssen die Betreiber nachgehen und im Zweifelsfall die Bewerter zur Stellungnahme auffordern. Erbringen diese keine stichhaltigen Belege für ihre Kritik, muss der Betreiber den Eintrag löschen.  Auch bei der Frage, ob der Bewertende tatsächlich Gast, Patient oder Kunde des Bewerteten war, sieht die Rechtsprechung die Beweislast eher beim Verfasser der Bewertung. Im März 2016 stellte der BGH im sogenannten Jameda-Urteil“ (AZ VI ZR 34/15) klar, dass sich der Bewertende nicht in der Anonymität verstecken darf. Es sei für den Bewerteten nicht möglich, sich gegen jemanden zu wehren, den er nicht identifizieren kann.

Die Aufregung angesichts des aktuellen Urteils zeigt einmal mehr: Die Angst vor willkürlichen Schmähungen in Form von Bewertungen ist nach wie vor weit verbreitet. Und der Anteil der Betroffenen, die sich dagegen konsequent zur Wehr setzt, ist leider (noch) viel zu gering. 
Wir empfehlen unserer Mandantschaft in der Regel, in derartigen Fällen konsequent gegen die unberechtigte Kritik vorzugehen und die Bewertung löschen zu lassen. Denn: Anderenfalls bekommen die User weiterhin direkt unter der angebotenen Leistung die schädliche Sternebewertung „serviert“, die auch nach Jahren noch ihre toxische Wirkung entfalten kann.