Was Influencer*innen, Content-Creators und Auftraggeber wie Unternehmen oder Agenturen jetzt wissen müssen, um Kampagnen rechtssicher und gefahrlos planen zu können.
Juristische Auseinandersetzungen um die Kennzeichnungspflicht im Influencer-Marketing haben in den letzten Monaten mehrfach für Schlagzeilen gesorgt, nicht zuletzt aufgrund der prominenten Protagonistinnen. Was viele nicht wissen: Im Falle eines Verstoßes haften nicht nur die Influencer*innen oder Content-Creators – auch die Auftraggeber, ob Unternehmen oder Agenturen, können dafür zur Verantwortung gezogen werden. Wer seine Kampagnen rechtssicher planen möchte, sollte sich mit der aktuellen Rechtsprechung vertraut machen. Hier ein Überblick der wichtigsten Aspekte:
Wer gilt als Influencer*in?
Laut Bundesgerichtshof handelt es sich bei Influencer*innen um Personen, die mittels eines sozialen Mediums wie Instagram Waren vertreiben, Dienstleistungen anbieten oder das eigene Image vermarkten. Leider hat es der Gesetzgeber bis heute versäumt, eine eindeutigere Definition gesetzlich zu verankern.
Wann müssen Influencer*innen ein Posting als Werbung kennzeichnen?
Influencer*innen müssen Beiträge als Werbung kennzeichnen, wenn sie dafür ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung erhalten haben.
Was zählt als „Gegenleistung”?
Eine Gegenleistung muss nicht zwingend finanziell erfolgen. Sie wird auch erbracht, wenn Influencer*innen ein Produkt zur Verfügung gestellt wird, das sie bewerben. So entschied jüngst das Oberlandesgericht Frankfurt in einem Verfahren, in dem wir für einen Verlag erfolgreich Ansprüche gegen eine Influencerin geltend gemacht haben. Das Gericht verlangte von der Influencerin den Nachweis, dass sie das beworbene Objekt – ein hochwertiges E-Book im Wert von über eintausend Dollar – selbst erworben und nicht vom Auftraggeber erhalten hat. Diesen Nachweis konnte sie nicht erbringen, das Gericht entschied zu Gunsten unserer Mandantin.
In dem Verfahren ging es auch um sogenannte Affiliate Links, die von der Influencerin im Rahmen der Produktanpreisung eingesetzt wurden. Mit diesen Links können Klicks und Kauf-abschlüsse gezählt werden, sie sind Grundlage für die Abrechnung von Vermittlungsprovisionen.
Wer haftet bei Verstößen?
In erster Linie haften die Influencer*innen als sogenannte „Verbreiter”. Das heißt jedoch nicht, dass kein Risiko für die Auftraggeber besteht. Schleichwerbung ist eine unlautere geschäftliche Handlung und unzulässig. Beauftragen Unternehmen Influencer*innen mit Werbemaßnahmen, so können sie bei Verstößen zur Verantwortung gezogen werden. Ansprüche bestehen daher auch gegenüber Unternehmen. Das ist im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb festgeschrieben.
Gibt es Ausnahmen bei der Kennzeichnungspflicht?
Die Kennzeichnungspflicht gilt nicht, wenn die Produkte selbst erworben worden sind, Posts keinen sogenannten „werblichen Überschuss“ haben (gemeint ist damit eine eindeutig werbende Wirkung) oder sich der kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergibt. Mit Letztgenanntem zielt die Rechtsprechung darauf ab, dass Verbraucher*innen der werbliche Charakter der Accounts bei bekannten und reichweitenstarken Influencer*innen bewusst sei. Indes: Ob eine Kennzeichnungspflicht besteht, bleibt eine Einzelfallentscheidung und jedes Gericht kann einen anderen Blick auf die Umstände haben.
Welche Strafen drohen bei Verstößen?
Ein Verstoß gegen das Kennzeichnungsgebot hat keine strafrechtliche Relevanz und ist auch keine Ordnungswidrigkeit. Es können jedoch Unterlassungsansprüche durchgesetzt und Schadenersatzforderungen gestellt werden. Beides hat unter Umständen erhebliche finanziel-le Konsequenzen, sowohl für die Influencer*innen als auch für die Auftraggeber.
Wie eindeutig ist die Rechtsprechung?
Sowohl der Bundesgerichtshof als auch das Oberlandesgericht Frankfurt/Main haben sich in jüngster Vergangenheit mit der Kennzeichnungspflicht im Influencer Marketing beschäftigt und wegweisende Urteile erlassen. Allerdings bleiben Grauzonen und Interpretationsspielräume. Ein fundierte rechtliche Absicherung einer Influencer-Kampagne im Vorfeld ist daher zu empfehlen, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Dr. Patricia Cronemeyer